Von Ruhestörern und Lückenfüllern

Das Leben in Christchurch ist noch immer eine Baustelle
Das Leben in Christchurch ist noch immer eine Baustelle
"Christchurch is fucked", bringt Anke Richter, Neuseeland-Kolumnistin der taz und Autorin des urkomischen Buchs "Was scheren mich die Schafe" auf den Punkt, als wir auf einen Plausch in ihrem Lieblingscafé einkehren. Anke lebt seit vielen Jahren mit ihrer Familie hier und gibt uns Tipps für Unternehmungen in der zweitgrößten Stadt Neuseelands, die bis heute mit den Folgen der schweren Erdbeben von 2011 zu kämpfen hat.

Wir haben uns das Tor zur Südinsel weniger ausgesucht, um hier Katastrophen-Tourismus zu betreiben, sondern um Inlandsflüge und Mietwagenkilometer zu sparen. Zudem lockt das viele Grün der "Garden City" und wir lassen uns nur allzu gerne vom überschwenglichen Pioniergeist der Locals anstecken. Sie nennen die Zeit nach dem Beben "die neue Normalität" und gehen mit viel Originalität an den Wiederaufbau.
Zugegeben wirkt der Anblick der vielen Ruinen, mit Pappe notdürftig geflickten Fenster und schief hängenden Grünanlagen auf den ersten Blick verstörend. Aber dann entdecken wir die vielen kreativen Kunst- und Improvisationswerke von "Gap Filler", einem Projekt zur Regenierierung der Innenstadt, und sind begeistert. In der Shopping-Mall Re:start, die aus bunt gestalteten Schiffscontainern improvisiert wurde, kehren wir auf einen Kaffee ein, Marla tobt über wellenförmige Bänke. An der Stelle der großen neugotischen Kirche hat der japanische Architekt Shigeru Ban eine nicht minder beeindruckende Ersatzkirche gestellt, die zum Großteil aus Pappkartonröhren besteht. In anderen Lücken finden wir Graffitis, Skulpturen, Gartenkunst oder Cafés auf Rädern - "the new normal" gefällt uns.

Im Botanischen Garten dann der visuelle Ausgleich zum Neustart und eine der schönsten Gründröhnungen überhaupt, mit Rosen- und Gemüsegarten, einem mit den charakteristischen Riesenfarnen bestückten Neuseeland-Garten und duftenden Manuka-Sträuchern. Die Ruhe wird nur von den auf dem Flüsschen Avon aneinanderbouncenden Booten der japanischen Touristen gestört, die offensichtlich mit dem Kajakfahren das eine oder andere Problemchen haben. 

Nach der letzten Nacht dürfen wir uns aber nicht beschweren, denn wir haben die gesamte Jugendherberge aus dem Schlaf geweckt. Marla hatte einen ihrer schlechten Träume oder Angst vor der Dunkelheit (oder beides) und ich stieß im schlaftrunkenen Schockzustand auch noch an ihre Trinkflasche. Das nunmehr oben herum durchnässte Kind legte dann eine Schreiattacke hin, die vermutlich Anke bis ins benachbarte Lyttelton gehört hat und uns fürchten ließ, die nächsten beiden Nächte im Mietwagen verbringen zu müssen. Da sie hier in Christchurch aber ganz anderes gewohnt sind, hatten wir noch einmal Glück.
Kommentare: 1 (Diskussion geschlossen)
  • #1

    Birthe (Sonntag, 28 Dezember 2014 21:37)

    Liebste Eileen,
    ich freue mich immer so, von euren neuen Urlaubserlebnissen zu lesen! Habt eine tolle Zeit und kommt gut in das Neue Jahr! Wir vermissen euch!
    Alles Liebe
    Birthe